Die Neubauten des Deutschen Caritasverbandes in der Maria-Theresia-Straße
Schön war es nicht, aber bekannt: Das Adelheid-Testa-Haus an der Ecke Maria-Theresia-Straße/Fürstenbergstraße. Das ehemalige Fort- und Weiterbildungshaus des Deutschen Caritasverbandes war auch als Gästeunterkunft bei den Wiehremern beliebt. Es wurde vom Verband geschlossen. Nach einer Zwischennutzung als Schule schließlich 2015 abgebrochen. Nun sind auf dem Gelände Wohnbauten mit insgesamt 36 Wohnungen fertiggestellt worden, was er-freulich mehr leben in das Quartier brachte.
Das Gelände blickt auf eine bewegte Geschichte zurück (lesenswert hierzu: BZ vom 20.04.2020). Der Pharma-kologe und Philosoph Paul Noether wohnte hier. Er wurde von einem anderen Philosophen, Martin Heidegger, in dessen Amt als Rektor, als „Nichtarier“ von der Universität verbannt und darüber in den Selbstmord getrieben. Ein Stolperstein erinnert bis heute an ihn.
Nach vielen Jahrzehnten dient das Areal nun wieder zu Wohnzwecken. Der Deutsche Caritasverband wollte auf dem prominent gelegenen Grundstück auch größeren Familien wieder eine Heimat geben. Insgesamt 36 Wohnungen unterschiedlichen Zuschnitts sind entstanden.
Der Bürgerverein hat die Pläne des Caritasverbandes von Anfang an positiv unterstützt und begleitet. Die Einbindung des Bürgervereins und die offene Projektkommunikation des Verbandes im Rahmen des Projekts waren vorbildlich.
Die jetzt vom „Architekturbüro in der Milchstraße“ realisierte Bebauung ist aus einem prominent besetzten Architektenwettbewerb hervorgegangen, in dem seinerzeit auch der Bürgerverein in der Jury mitvertreten war. Die Aufgabenstellung, eine maximale Flächenausnutzung für Wohnungen, konnte erfüllt werden. 36 Wohneinheiten auf diesem Gelände – davon ein Großteil für Familien mit mehreren Kindern – ist ein ambitioniertes Unterfangen.
Was im Wettbewerb überzeugte ist trotz mancher Kritik auch in der Umsetzung gelungen: Der Entwurf nimmt die Baumassen und Volumen der Umgebung auf. Wenn die Grünbepflanzung über die Jahre dichter und höher wird, dürfte auch die von manchen kritisierte Wuchtigkeit abnehmen.
Ist dem Deutschen Caritasverband städtebaulich hier viel geglückt, so ist er für seine Mieten deutlich in die öffentliche Kritik geraten (siehe BZ vom 08.03.2020 und die zahlreichen Leseranmerkungen).
Die Mieten (13–16,60 €/qm) liegen doch über dem Mietspiegel. Das Siegel „familienfreundlich“ wollen daher nur wenige Zeitgenossen dem Verband verleihen. Der Verband argumentiert mit Kosten, Ausstattung und auch damit, über die Erträge seine caritative Arbeit mit zu finanzieren.
Für nicht wenige, auch aus der Wiehre, bleibt trotz dieser nachvollziehbaren Begründung ein fahler Beigeschmack, dass ausgerechnet ein Wohlfahrtsverband mit dazu beiträgt, den Mietspiegel wieder ein Stück „nach oben“ zu drücken.
Die evangelische „Stiftung Pflege Schönau“ sollte sich daher beim jetzt gestarteten Wohnbauprojekt an der Kronenbrücke überlegen, welche Lehren sie daraus für ihre Mietpolitik zieht.
Loretta Lorenz