Nicht erst seit beim Forstamt, Regierungspräsidium und Garten- und Tiefbauamt die Drähte wegen der vertrockneten Bäume am Rückhaltebecken Hölderlebach an der Wonnhalde heiß liefen, fällt auf: Unseren neu gepflanzten Bäumen geht es ebenso schlecht wie dem Altbestand.
Wie gern tauchen wir bei den häufiger werdenden Hitzetagen in den großen Schatten alter Bäume ein. Wir wechseln die Straßenseite, um nicht auf heißem Pflaster zu laufen und genießen Kühle und Lichtspiele.
Die sogenannten „Wohlfahrts-Leistungen“ alter Bäume sind extrem wichtig auf dem Weg zu einer klimaresilienten Stadt: Luftfilterung, Verdunstung und damit Kühlung, Lärmminderung, Schatten, CO²-Speicherung. An heißen Sommertagen können die Temperaturen unter Bäumen um 10 Grad geringer sein als die sonstige Umgebungstemperatur. Diese Wohlfahrtsleistungen sind bei alten, gesunden Bäumen mit intakten Kronen um vieles höher als bei Jungbäumen. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle für den Erhalt unserer Vogel- und Insektenwelt.
Werfen wir einen Blick nach oben in die Kronen unserer alten Straßenbäume in der Wiehre, fällt allerdings sofort auf: Schüttere und kleinere Belaubung statt dichter Kronen, tote Äste und übermäßige Samenbildung sind deutlich sichtbare Symptome des Umweltstresses.
Unsere Bäume leiden unter den langanhaltenden Trockenphasen und dem immer stärker sinkenden Grundwasser-spiegel, aber auch unter der hohen, auf sie einwirkenden Temperatur. Zwei Seiten einer Medaille. Wer allerdings einmal versucht hat, alten Bäumen mit sommerlichem Gießen zu helfen, wird schnell feststellen: so einfach geht das gar nicht. Durch viel zu kleine und über Tritt verdichtete Baumscheiben fließt das herbeigeschleppte Gießwasser ungenutzt in die Kanalisation; Baumpaten wissen davon ein Lied zu singen.
Was tun? Bodenlockerung darf nur extrem vorsichtig erfolgen, um die Wurzeln nicht zu verletzen. Der Wurzelanlauf darf nicht mit Erde aufgeschüttet werden, um das Wachstum nicht zu gefährden. Geht man sehr vorsichtig damit um, ist es teilweise jedoch möglich, eine Bepflanzung anzubringen. Auf größeren oder im Optimum sogar zusammenhängenden, durchgängigen Baumscheiben geht das natürlich wesentlich leichter. Eine Bepflanzung reduziert die Verdunstung von der Bodenoberfläche und lockert den Boden, so dass Gießwasser leichter eindringen kann. Die oft empfohlenen Aussaaten können unter Altbäumen nur sehr schwer etabliert werden. Besser geeignet sind schatten- und wurzeldruckverträgliche, winterharte Stauden oder ggf. auch Kleinsträucher. Diese sollten aber nicht so stark wachsen, dass sie eine Nahrungs- und Wasserkonkurrenz für den Baum darstellen. Wenn wir bepflanzte Baumscheiben aufmerksam beobachten, können wir gut sehen: Kleinstrauchrosen und kleine Berberitzen funktionieren durchaus, mit dem großen Vorteil, die Bäume auch vor Hunde-Urin zu schützen, der eine Versalzung des Bodens mit sich bringt. Allerdings darf gerade mit einer solchen Bepflanzung die Pflege und der Rückschnitt nicht vernachlässigt werden. Dichte Bepflanzungen der Baumscheibe können an Straßen auch den Streusalzeintrag mindern. Das sind Möglichkeiten, wie wir als Bürger unseren so wertvollen Verbündeten gegen den Klimawandel helfen können. Und was kann die Stadt tun?
Eine mögliche und teilweise auch schon durchgeführte Maßnahme ist die Vergrößerung und/oder die Verbindung bisher getrennter Baumscheiben. Das vereinfacht die Bepflanzung zur Bodenschattierung und -lockerung deutlich. Natürlich müssten dafür an manchen Stellen auch Parkplätze geopfert werden. Da wir aber für eine lebenswerte Stadtzukunft eher Bäume als Autos brauchen, macht diese Maßnahme Sinn.
Es gibt in der Wiehre kaum Verdichtungsschutzringe für Bäume. Diese Ringe müssen in größeren Abständen aufgenommen und gereinigt werden, damit der Effekt erhalten bleibt. Der Aufwand für die Stadt wäre tatsächlich groß. Aber diese Maßnahme würde vielen Bäumen an stark frequentierten Plätzen sehr helfen. Als Beispiel genannt seien hier die zwei Linden vor dem Edeka in der Lorettostraße. Sie könnten bei vitalem Wachstum diesen Platz beschatten und zu einem deutlich angenehmeren Aufenthaltsort für ein kleines Schwätzchen machen. Stattdessen kämpfen sie mit winzigem Laub und schwachem Wuchs um ihr Überleben. Hier zeigt sich auch deutlich: Baumscheiben dürfen keine Fahrradparkplätze sein! Dafür braucht es eine größere Abschirmung in Form von Gittern, die ja durchaus auch attraktiv sein können. Vielleicht wären hier auch die angrenzenden Geschäfte mit ins Boot zu holen.
Wichtig ist natürlich auch eine fachgerechte Pflanzung hitze- und trockenheitstoleranter Jungbäume. Wir müssen mittlerweile mit fünf Jahren Gießen rechnen, bis ein neuer Baum sich am Standort etabliert hat. Ein besonders trauriges Beispiel für eine nicht fachgerecht durchgeführte Bepflanzung ist die als Ersatz neben dem Sandsteinkreuz vor dem Annakirchle gepflanzte Linde. Ohne Schutz vor Bodenverdichtung und ohne Schutzanstrich versuchen hier offensichtlich Anwohner und Anwohnerinnen, den Baum irgendwie zu retten. Es wäre aber Aufgabe der Stadt, für das Überleben des Baumes auf diesem sehr stark genutzten Areal zu sorgen.
Baum-Neupflanzungen zu etablieren und ihnen einen guten Neustart zu geben, scheitert in Freiburg an vielen Stellen. Konsequente Herbst- und Winterpflanzung, Wurzelschutz, Belüftungsröhren und Gitter um die Stämme könnten helfen, aber diese Maßnahmen werden nicht stringent durchgeführt, sondern scheinen je nach ausführendem Unternehmen sehr variabel und damit teilweise nicht gemäß fachlicher Richtlinien ausgestaltet zu werden. Wo bleibt hier eine kompetente Nachkontrolle durch die Stadt?
Das vom Garten- und Tiefbauamt (GuT) angeführte Argument des nötigen „Generationenwechsels“ bei den Bäumen stellt es selbst mit solchen Neupflanzungen in Frage. Geben wir einem Altbaum gute Bedingungen, kann er deutlich länger leben und seine wohltuende Wirkung auf uns haben. Vielleicht schaffen es in dieser Zeit neu gepflanzte Bäume, wenigstens einen kleinen Schatten zu produzieren.
Sylvia Schnick