Wer mit offenen Augen im Stadtgebiet unterwegs ist, wird sehr schnell feststellen: Da fehlt doch schon wieder ein Baum. Und der dafür neu gepflanzte Baum sieht nicht sehr gesund aus …
Um unseren Bäumen zu helfen, die wir so dringend für den Erhalt unserer städtischen Lebensqualität brauchen, gibt es von der Stadt die Initiative der Baumpatenschaften. Unterstützt vom Umweltbildungszentrum „Ökostation“ am Seepark finden Menschen ohne besondere Fachkenntnisse hier Anleitungen, wie Baumscheiben gestaltet werden können. Ein Schild „Baumpatenschaft“ gibt es dann dazu.
Dass dabei viel gut gemeintes leider oft nicht gut gemacht ist, lässt sich nicht nur an verwaisten Baumpatenscheiben sehen. Deshalb möchten wir hier einige weiterführende Tipps für deren Gestaltung geben.
Unbepflanzte Baumscheiben sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Sie werden betreten, um auf engen Gehwegen auszuweichen, Fahrräder werden abgestellt, sie sind Lagerplatz für Mülltonnen, Dixi-Klos und Gelbe Säcke. Sie werden zum Rangieren und Parken genutzt, Versalzung durch Streusalz und Hundeurin verschärfen die mangelnde Wasserversorgung. Dadurch sind selbst Spezialsubstrate mit einem hohen Anteil an Luftporen irgendwann fast wirkungslos. Zudem sind Baumscheiben in der Mehrheit viel zu klein und bieten kaum Möglichkeit, Regenwasser aufzunehmen.
Ziel einer Baumscheibenbepflanzung ist es, den Boden mit Begrünung zu schattieren und damit die Verdunstung zu reduzieren. Außerdem ist so vor allem bei Altbäumen das sommerliche Gießen deutlich einfacher, da das Wasser sonst auf den stark verdichteten und ausgetrockneten Böden ungenutzt abfließt und in der Kanalisation verschwindet. Durch die Bepflanzung wird die Bodenverdichtung reduziert, der Boden bleibt locker mit genügend Bodenporen für Sauerstoff, er kann Wasser besser speichern und Bodenlebewesen bekommen eine Überlebenschance. Auf solchen Flächen können die Temperaturen im Sommer bis zu zehn Grad niedriger sein als auf unbepflanzten Bodenoberflächen.
Relativ leicht sind frisch gesetzte Bäume zu unterpflanzen, das dabei in der Regel verwendete Baumscheibensubstrat eignet sich hervorragend für die Bepflanzung mit trockenverträglichen Stauden, die an die meist noch sonnigen Standorte angepasst sind. Hier bietet die „Ökostation“ des BUND am Seepark wertvolle Tipps und auch Samenmischungen und Zwiebelblumen an. (www.oekostation.de/docs/fpa_leporello_baumpatenschaft_2019.pdf)
Was aber, wenn man sich um einen alten Baum sorgt, der eine dicht durchwurzelte Baumscheibe und einen schattierten Boden aufweist?
Erste Maßnahme: Vorsichtig mit einer kleinen Schaufel testen, wieviel freier Platz im Erdboden zur Verfügung steht, um überhaupt etwas zu pflanzen. Auf keinen Fall sollten wir dafür einen Spaten benutzen, denn jede Verletzung bedeutet für den Baum eine Eintrittspforte für schädigende Pilze. Es macht Sinn, diese Grabversuche vorsichtig an mehreren Stellen durchzuführen, denn oft finden sich entfernt vom Stammanlauf Lücken, in denen es Platz für kleinere Staudentopfballen gibt. Und das Gute: Viele Waldbodenstauden breiten sich flächig aus und können flach aufliegend durchaus größere Baumscheiben von einem Pflanzloch her begrünen. So passiert es in unseren Wäldern z.B. mit Immergrün oder Efeu.
Meist ist der Boden auf diesen Baumscheiben ausgesprochen nährstoffarm und staubtrocken. Haben wir die Möglichkeit, Erde aufzufüllen, ist das positiv für die Entwicklung der Stauden. Auf gar keinen Fall darf aber der Wurzelanlauf oder gar der Stamm eingeschüttet werden! Die häufig zu beobachtenden Laub-„Entsorgungen“ am Stammanlauf sind sehr schädlich, da sie den Stamm ständig feucht halten und Pilzbefall Vorschub leisten. Viel besser wäre es, das Laub gleichmäßig auf der Baumscheibe zu verteilen und den Stammanlauf ganz frei zu lassen.
Wenn die Möglichkeit besteht, die Baumscheiben ohne Stolperfallen etwas einzufassen, ist das eine gute Lösung, um entfernt vom Stamm etwas Erde aufzufüllen und diese niedrige Auffüllung zum Stamm hin auslaufen zu lassen.
Auf keinen Fall sollten Baumscheiben mit konkurrenzstarken Gehölzen unterpflanzt werden. Ein auf die Baumscheibe gepflanzter Schmetterlingsflieder wirkt eher kontraproduktiv, er nimmt dem Baum Wasser und Nährstoffe und schattiert den Boden fast nicht. Baumscheiben älterer oder alter Bäume sind leider kein Gartenersatz!
Besser sollten Waldbodenstauden verwendet werden, die sich mit Trockenphasen und dem hohen Wurzeldruck einigermaßen arrangieren. Die Wurzelballen dieser bodendeckenden Stauden können bei der Pflanzung eventuell mit einem scharfen Messer geteilt werden, so werden die Ballen noch etwas kleiner und können leichter in die Lücken zwischen den Wurzeln eingefügt werden. Sehr gut funktionieren auch viele Zwiebelblumen, die darüber hinaus auch den immer früher fliegenden Insekten die erste Nahrung bieten. Es gibt bei den Zwiebelblumen auch einige, die erst im Hochsommer blühen. Sie sind – dank der Zwiebel – alle auf längere Durstzeiten angepasst.
In anhaltenden Dürreperioden besteht mit einer solchen Bepflanzung die Möglichkeit, zu gießen, ohne nur das städtische Abwasser zu füttern. Dabei ist es mit zwei kleinen Gießkannen leider nicht getan. Ein Großbaum erfordert schon ein bisschen Fitness: 60 Liter kann er je nach Größe gut bekommen und das ca. zweimal pro Woche. Die Kosten halten sich – entgegen mancher Vermutung – einigermaßen in Grenzen. 1 m³ Wasser (1000 Liter) kostet in Freiburg etwa 2,30 €.
Es gibt die klare Empfehlung vom Garten- und Tiefbauamt (GuT), die Patenbäume nicht zu düngen. Diese Regel macht Sinn, da eine Überdüngung selbst gesunde Bäume stark schädigen und die Nährstoffbilanz durcheinander bringen kann. Eine dünne Laubauflage (perfekt wäre gehäckseltes Laub) bietet meist genügend Nährstoffe, vor allem, wenn der Boden mit den Jahren wieder belebt ist.
Was wir aber unbedingt zur Bepflanzung alter Baumscheiben brauchen ist Geduld und Frustrationstoleranz. Vor allem Fahr-radfahrer*innen deuten Baumschutzbügel oft als Abstellanlagen und erkennen im Winter selten, dass es sich um ein bepflanztes Beet handelt. Auch deshalb sind Frühblüher wie Schneeglöckchen, Narzissen, Traubenhyazinthen und Christ-
rosen als Bepflanzung sinnvoll. Meist wird die Bepflanzung nicht im ersten Jahr zu voller Pracht auflaufen, denn die harten Bedingungen machen es auch robusten Stauden schwer, sich zu etablieren.
Besonders frustrierend sind die Schäden durch Autofahrer-*innen dort, wo sich Baumscheiben nicht eindeutig abgrenzen lassen. Aber die Sensibilität wird hoffentlich im gleichen Maße wachsen wie die Pflanzen auf unseren Baumscheiben – nichts tun ist, wie wir wissen, keine Alternative. Wer wissen möchte, welche Pflanzen sich auf Baumscheiben wohlfühlen, was wir beim Pflanzen beachten sollten und wie wir ganz allgemein unseren wundervollen Schattenspendern helfen, kann dies auf unseren Stadtteilspaziergängen erfahren und erfragen. Dort gibt es auch Listen mit geeigneten Stauden.
Sylvia Schnick – Gartenbau-Ing. FH
Wer gleich loslegen möchte, bekommt hier eine kleine Auswahl: