Sozialdemokratisches Urgestein – Nachruf auf Rudolf Schieler
Gemeinderat, Landtagsabgeordneter, Justizminister, Fraktionsvorsitzender, Europaab-
geordneter, Mitglied des Staatsgerichtshofes und Rechtsanwalt: Rudolf Schieler hat in
seinem Leben noch mehr unterschiedliche Ämter ausgefüllt – die oben aufgeführten dürften die wichtigsten gewesen sein. „Rudi“,wie er von Freunden genannt wurde, war sozusagen erblich vorbelastet, sein Vater Fritz Schieler wurde während der Nazizeit als Sozialdemokrat verfolgt, saß für seine politische Überzeugung zwei Jahre im Gefängnis
und baute nach dem Krieg die zerstörte Stadt als Chef des Bauamtes und späterer Bürgermeister wieder auf. In Teningen geboren, war Rudolf Schieler in der Freiburger und insbesondere Wiehremer SPD fest verwurzelt, sozialdemokratisches Urgestein.
In der großen Koalition war Schieler von 1966 bis 1972 Landesjustizminister; sein persönlicher Triumph war, bei der Landtagswahl 1972 dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Hans Filbinger das Freiburger Direktmandat abgenommen zu haben. Den „bleiernen Herbst“ von 1977 mit dem Tod von Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Jan-Carl Raspe arbeitete er als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses auf. Nach dem Abschied von der Politik war Schieler lange Jahre Vorsitzender der Freiburger
Arbeiterwohlfahrt.
Rudolf Schieler – seit Jahrzehnten auf dem Lorettoberg wohnend – war im persönlichen Umgang ein sehr unterhaltsamer Gesprächspartner, der auf sein Gegenüber gerne einging. Für seine älteren Parteifreunde wird unvergesslich sein, wie er nach Rolf Böhmes Wahl zum Oberbürgermeister das alte Parteilied „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“ schmetterte.
Ende des vergangenen Jahres ist Rudolf Schieler im Alter von 84 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben; die Wiehre hat einen bedeutenden Mitbürger verloren.
Klaus Winkler