Achtung Wohlfühl-Gefälle! Statistik zeigt Defizite in der Unterwiehre.
Alle zwei Jahre führt das Amt für Bürgerservice eine Umfrage zu den Lebens- und Wohnverhältnissen in den Freiburger Stadtbezirken durch. Die erhobenen Daten sind eine wahre Fundgrube an Informationen über die soziale Situation der Einwohner und ihre Zufriedenheit in den einzelnen Stadtteilen. Nicht überraschend ist dabei ein deutliches Stimmungs-Gefälle von Mittelwiehre über Unterwiehre-Nord bis Unterwiehre-Süd festzustellen.
Das beginnt bei der sozialen Gruppenzugehörigkeit. In der
Mittelwiehre sind „ältere Familien“ mit 24% Bevölkerungsanteil überdurchschnittlich häufig vertreten (diese Gruppe hat ihre Hochburgen in Rieselfeld und Vauban mit 30% bzw. 36%). Der Anteil an „jungen Familien“ ist in der Mittelwiehre mit 3% ganz besonders gering. In Unterwiehre-Nord leben besonders viele berufstätige Männer (d.h. Männer in kinderlosen Haushalten). Unterwiehre-Süd hat einen hohen Anteil an „Senioren mit hohem Status“. Bei den sozialen Milieus dominiert in Mittel- und Unterwiehre-Nord erwartungsgemäß die liberal-bürgerliche Schicht, während in Unterwiehre Süd die gesellschaftliche Mitte eine starke Position hat.
Besonders spannend ist natürlich die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Wohngebiet. Hier fühlen sich die Bewohner der Mittelwiehre offenbar ganz besonders wohl: 93 %
wohnen gerne in ihrem Stadtbezirk (ein Spitzenwert in Freiburg, nur noch übertroffen von Oberwiehre und Günterstal (94%). Unterwiehre-Nord und -Süd rangieren mit 87% bzw. 86% deutlich darunter, aber immer noch im überdurchschnittlichen Bereich (Stadt Freiburg insgesamt 83%). Interessanterweise sind alle Wiehremer mit ihrem jeweiligen Bezirk mehr zufrieden als die Bürger in den Vorzeige-Quartieren Vauban (85%) und Rieselfeld (84%). Das hat selbst die Verfasser der Studie verwundert und ein wenig überrascht.
Bei einzelnen Aspekten des Wohnumfelds finden die Bewohner der Mittelwiehre vor allem die Gestaltung des Stadtteils, das Angebot an Geschäften und Dienstleistungen sowie die Erreichbarkeit der Innenstadt überdurchschnittlich gut. Die Versorgung mit
Schulen wird in allen Wiehremer Bezirken (mit Ausnahme von Unterwiehre-Süd) sehr positiv beurteilt. In Unterwiehre-Nord sind auffallend viele der Befragten unzufrieden mit ihrer Wohnsituation sowie dem Angebot an Radwegen.
Sozialkontakte und soziales Klima werden von den Wiehremern im innerstädtischen Vergleich leider nur durchschnittlich bewertet. Bei diesem Aspekt können vor allem die eher dörflich strukturierten Freiburger Stadtteile punkten, aber auch Vauban.
Ein deutliches Gefälle zeigt sich bei der Bewertung der Sicherheit: Sowohl bei Tag als auch in der Nacht ist das Sicherheitsgefühl bei Bürgern der Mittelwiehre und von Unterwiehre-Nord sehr hoch. Die Einwohner von Unterwiehre-Süd fühlen sich weniger, allerdings immer noch überdurchschnittlich sicher.
Leider führt die Veröffentlichung der Statistiker keine nach Wohngebieten differenzierten Daten zur ÖPNV- oder Fahrrad-Nutzung auf.
Fazit: Nach wie vor entsprechen die soziale Situation und das Stimmungsgefälle in der Wiehre der geographischen Lage: Oben, d.h. in Ober- und Mittelwiehre herrscht höchste Zufriedenheit, doch in der Unterwiehre, und dort vor allem in Unterwiehre-Süd, fühlen sich die Menschen nicht ganz so wohl. Der städtische Äquator ist die Rheintalbahn. Westlich davon gibt es die meisten Probleme, hier wird (zu Recht) geklagt. Ganz so schlecht empfinden zwar die Bewohner der Unterwiehre ihre Situation nicht, doch es bedarf großer Anstrengungen, diesen Stadtbezirk an der hohen Zufriedenheit der Rest-Wiehre teilhaben zu lassen – damit das Gefälle innerhalb des Stadtteils nicht größer, sondern kleiner wird.
Andreas Waetzel
Die Veröffentlichung kann im Internet unter www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/512115/statistik_veroeffentlichungen_buergerumfrage_2012.pdf eingesehen oder kostenlos heruntergeladen werden.