Die Kinder sind schon lange ausgezogen, die geliebte Altbauwohnung ist zu groß, die Treppen zu steil, das Putzen zu mühsam. Die Wege und Geschäfte im Quartier sind seit Jahrzehnten vertraut, an vielen Orten trifft man bekannte Gesichter, nachbarschaftliche Beziehungen und Freundschaften sind gewachsen. Viele ältere Menschen möchten auch im Alter selbstständig und selbstbestimmt leben und sie wünschen sich, weiter im vertrauten Quartier bleiben zu können.

Was brauchen wir dafür, was müssen wir verändern, welche Entwicklungspotentiale gibt es? Diese Fragen waren Thema eines ersten informellen Treffens von Bürgerinnen und Bürgern, zu dem der Bürgerverein Mittel- und Unterwiehre am 24. Juli 2024 um 19 Uhr in den Neuen Wiehrebahnhof eingeladen hatte. Etwa 30 Interessierte haben über die Themenbereiche Wohnen in der Wiehre sowie soziale und gesellschaftliche Aspekte diskutiert.

Als Gast referierte zu Beginn Frau Dr. Cornelia Hösl-Kulike über die Wohnsituation mit häufig großen, nicht barriere-reduzierten Altbauwohnungen ohne Aufzug, die das Verbleiben der älteren, oft auch allein lebenden Menschen erschweren. Gerade die Wiehre zeichnet sich durch einen hohen Altbaubestand aus, überdurchschnittlich viele Senior*innen leben hier. Dagegen liegt der Anteil der Familien unter dem Durchschnitt der Stadtbevölkerung. Hier könnten Wohnformen wie Betreutes Wohnen sowie gemeinschaftliches oder generationsübergreifendes Wohnen Bedeutung erlangen und dem Bedürfnis älterer Menschen nach Unterstützung bei mehr Gemeinschaft entgegenkommen. Derartige Wohnprojekte bieten die Möglichkeit für ein selbst-bestimmtes und individuelles Leben in einer Gemeinschaft mit gegenseitiger Unterstützung.

Beim offenen Austausch unter den Anwesenden kamen viele verschiedene Veränderungsmöglichkeiten zur Sprache, wie die Schaffung von quartierbezogenen kleineren Wohnan-lagen, von seniorengerechten Wohnungsumbauten mit finanziellen Anreizen für die Eigentümer und/oder Wohnungsverkleinerungen. Es wurden Aufstockungen von Häusern und der Ausbau von Dachgeschossen ins Gespräch gebracht sowie Tauschbörsen angeregt. Der Verlust von zahlreichen Wohnungen durch Airbnb und Leerstand sahen einige Anwesende als Thema, dem nachdrücklich nachgegangen werden sollte.

Große Wohnungen aufzugeben, um in eine (kaum) billigere kleinere Wohnung umzuziehen, fand ein sehr geteiltes Echo; bevorzugt wurde gemeinschaftliches oder generationsübergreifendes Wohnen. Aufhorchen ließ auch eine Investitionsbereitschaft in ein „Wir“, verbunden mit der Möglichkeit, selbst aktiv zu werden.

Mit dem Thema Nachverdichtung – also Preisgabe von Grün- und Freiflächen zwischen Häusern und Wohnblöcken – konnte sich niemand wirklich anfreunden.

Vielmehr gab es übereinstimmend den von zahlreichen Anwesenden vorgetragenen Wunsch nach mehr Gemeinschaft im Quartier, mehr sozialem Miteinander, mehr Austausch, mehr Aktivitäten für ältere Menschen (z.B. gemeinsames Kochen), nach Angeboten und Räumen für digitale Fortbildung im Alter. Hierfür wurde auf Schulhäuser verwiesen, die abends ungenutzt sind. Für die Koordination aller Angebote zu mehr Gemeinschaft wurde ein Quartiersmanagement vorgeschlagen.

Diese Wünsche könnten nach dem seit vielen Jahren geplanten Um- und Anbau des alten Feuerwehrhauses weitgehend erfüllt werden. Dort soll auch der Bürgerverein Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten erhalten. Leider verzögert sich der Baubeginn weiterhin dadurch, dass noch keine Baugenehmigung vorliegt.

Insgesamt war dieser informelle Abend im Wiehrebahnhof spannend und interessant. Vielen liegt das Thema „Älter werden in der Wiehre“ am Herzen. Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen für ein gelingendes Miteinander in unserem Quartier suchen. Helfen Sie uns mit Ihren Gedanken und Anregungen, Veränderungen für die Bürger*innen zu gestalten. Wir begrüßen alle Beträge.

Ergänzend möchten wir noch auf die wertvolle Arbeit des Seniorenbüros der Stadt Freiburg hinweisen. Dort liegt jetzt eine neu überarbeitete Ausgabe des „Wegweiser“ vor. Es
handelt sich um eine für jedermann zugängliche detaillierte Broschüre zum Thema „Älter werden in Freiburg“. Sie beinhaltet Informationen und Beratung zu Themen wie bürgerschaftlichem Engagement, Quartier und Begegnung, Bildung, Sport, Wohnen im Alter, Rehabilitation, Demenz, Hilfen zu Hause (Pflegedienste, Betreuung), finanzielle Leistungen, Sterben/Tod/Trauer, Internet und Digitales. Sie können
diesen „Wegweiser“ beim Seniorenbüro bekommen oder im Internet herunterladen.

Dr. Gabriele Denz-Seibert