Die Lebensqualität in der Wiehre ist sehr hoch. Kaum ein anderer Stadtteil verfügt über so schöne Alleen und alte Villen. Doch auch in der Wiehre macht sich der demografische Wandel bemerkbar.

Der Altersdurchschnitt steigt und immer mehr Menschen beschäftigen sich mit der Frage, wie man versorgt werden will, wenn die Gesundheit ein eigenständiges Leben nicht mehr zulässt.

Schnell kommen einem unweigerlich die Bilder von schlechten Pflegeeinrichtungen, samt überforderten Pfleger*innen und miserablen Bedingungen in den Sinn.

In der Wiehre ist das glücklicherweise anders. Hier gibt es Einrichtungen mit teils gutem bis sehr gutem Ruf. Dennoch herrscht mehrheitlich der Wunsch, den eigenen Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu verbringen.

Selbstverständlich gibt es mobile Pflegedienste oder auch die ambulante Tagespflege. Doch die Bedürfnisse gehen über die üblichen Angebote hinaus. Immer mehr Pflegebedürftigen fehlen die Zuwendung und die notwendige Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Gleiches hört man von den Alten-pfleger*innen. Die Angestellten wünschen sich neben mehr Gehalt, vor allem bessere Arbeitsbedingungen und mehr Zeit für eine intensivere Betreuung.

Alles unter einen Hut zu bringen, ist also nicht leicht – zumal viele Wiehremer*innen im Altbau leben und die Barrierefreiheit zu wünschen übrig lässt. Hier ist also Kreativität gefragt.
In der Tat entwickeln sich zunehmend spannende Konzepte, welche nachbarschaftliches Engagement, Pflegeexpert*innen und zukünftige Pflegeempfänger*innen an einen Tisch bringen.

Diese Ansätze orientieren sich am früheren Gemeindepflegewesen, woraus sich das niederländische „Buurtzorg“-Modell, das Pflege in der Nachbarschaft ansiedelt, entwickelte. Formen so einer Pflege lassen sich in Freiburg finden, wie z.B. die „Ich-und-Du GmbH“. Statt Hierarchien gibt es viel Eigenverantwortung und das Arbeiten in kleinen Teams.

Fernziel wird sein, die Pflege in eine Art genossenschaftliche Struktur zu überführen, wie man es beim Bauen oder der Gewinnung von Strom her kennt.

Denkbar ist, dass mehrere Pflegebe-dürftige ein Team von Pfleger*innen gemeinschaftlich anstellen und so die Ressourcen finanziell, sozial und qualitativ nachhaltig gestalten. Damit wäre sogar eine Intensivpflege möglich.

Das zunehmende Alter der „Babyboomer“ (im Zeitraum von 1955 bis 1969 Geborene) und die Frage, wie wir diese Generation mit derzeitigem Mangel an Pfleger*innen gut und menschenwürdig betreuen können, schreit nach alternativen Wegen.

Eins ist gewiss: Unser Dilemma birgt auch eine immense Chance für zukünftige Generationen, da wir den Stellenwert von pflegerischer Arbeit neu bewerten und hoffentlich daraus die bestmöglichsten Schlüsse ziehen.

Ismael Hares