Wir berichteten im Wiehre-Journal 70 über den Aufstellungsbeschluss des Gemeinderates der Stadt Freiburg für eine sog. „Soziale Erhaltungssatzung“ für das Gebiet „Westliche Unterwiehre“ (Drucksachen G-21/053). Die Auswertung einer repräsentativen Befragung der Bewohner des Aufstellungsgebietes hat jedoch den Gemeinderat dazu veranlasst, den Aufstellungsbeschluss am 17. Mai 2022 wieder aufzuheben.
Die Untersuchung sieht in allen vier Teilräumen des Aufstellungsgebietes große Aufwertungspotentiale. Neben der erforderlichen energetischen Modernisierung wird auch die Attraktivität für Investor*innen vor allem der Teilräume 2, 3 und 4 gesehen. Insbesondere dem Teilraum 2 wird ein großes Verdrängungspotential attestiert. Allerdings wird im Augenblick kein umfänglicher hoher Verdrängungsdruck gesehen, dieser ist letztendlich Anwendungsvoraussetzung für eine Erhaltungssatzung. Spätestens in 2025 soll eine „anlasslose“ Überprüfung zumindest des Teilraumes 2 erfolgen. Ausführliche Details finden Sie in der Beschlussvorlage (Drucksache G 22/082).
Zusammen mit der Bewohner-INI e.V. und Nachbarschaftswerk e.V. / Quartiersbüro Unterwiehre haben wir versucht, dass der Gemeinderat den Aushebungsbeschluss aussetzt, um die Ergebnisse der Befragung der Bewohner*innen weiter zu analysieren und zu validieren. Von den knapp 2.500 Haushalten gab es einen Rücklauf von 25%. Ein gutes Ergebnis laut Verwaltung und Gemeinderat. Da aber beim „Verdrängungsdruck“ im Wesentlichen zwei Kriterien den Aufstellungsbeschluss zu Fall gebracht haben, hätte hier nachgehakt werden sollen:
- Das Einkommen der Langzeitbewohner*innen ist höher als das der neu zugezogenen Bewohner.
- Es wird keine auffällige Modernisierungstätigkeit bzw. Abriss- oder Neubauaktivität gesehen.
Das „Einkommensparadoxon“ hätte bei einem Rücklauf von nur 25% genauer analysiert werden müssen. Dass wenig Modernisierungsaktivitäten zu beobachten sind, liegt auch daran, dass in den Jahren 2011/2012 vornehmlich in der Langemarckstraße eine große Gentrifizierungswelle durch Nachverdichtungsprojekte erfolgte. Da war die Stadt (mal wieder) zu spät dran – und diese Gefahr besteht trotz der angekündigten Überprüfung in zwei bis drei Jahren erneut.
Vergessen wurde aus unserer Sicht, die (Alters-)Struktur der Eigentümer*innen zu untersuchen. Das im Gutachten festgestellte hohe Aufwertungspotential und der damit verbundene Sanierungsstau wird in naher Zukunft größere Investitionen erfordern. Gerade ältere Eigentümer*innen können oder wollen dieses Geld nicht mehr aufbringen. Dies unterstreicht die im Gutachten festgestellte fehlende Modernisierungs-tätigkeit. Investor*innen mit Gewinnorientierung werden hier ggf. sehr schnell einspringen. Auffällig ist auch eine weitere Gruppe von Eigentümer*innen, die hohe Mieten aus dem nicht renovierten Bestand realisiert und allenfalls minimal in Reparaturen investiert.
Willi Sievers