Liebe Mitglieder, liebe Bürgerinnen und Bürger,
der Wiehre stehen in den kommenden Jahren bzgl. Nachverdichtung und Neubauplanungen unruhige  Zeiten bevor. Als
erster Vorsitzender  des Bürgervereins Mittel- und Unterwiehre e.V. schrieb Eugen Reinwald am 5. Dezember 2012 an Bau-Bürgermeister Dr. Martin Haag. Der Brief ist eine Antwort auf einen Bericht in der Badischen Zeitung vom 30.11.12, in dem Dr. Martin Haag seine Visionen zu „Perspektivplänen“  in der Wiehre publiziert und der für viele Bürger der Wiehre zu Irritationen und Rückfragen geführt hat:
Sehr geehrter Herr Baubürgermeister Dr. Haag,
bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen auf den Artikel in der Badischen Zeitung vom 30. 11. 2012 (www.badische-zeitung.de/freiburg/bebauungsplan-fuer-gesamte-wiehre-ist-vom-tisch–66264700.html) mit diesem offenen Brief antworten müssen.
Zum Ende der Amtszeit von Rolf Böhme waren unter Baubürgermeister Schmelas die Vorarbeiten für einen von Alt –OB Dr. Böhme im November 2001 versprochenen Bebauungsplan zwischen Turnseestraße im Osten und Goethe- oder Schwimmbadstraße im Westen begonnen worden – unser Bürgerverein hatte teilweise die Daten mit erhoben.
Nach dem Amtsantritt von OB Salomon verschwand das Projekt in der Schublade, wurde aber ansatzweise von Herrn Schröder-Klings wieder aufgegriffen, der sich auch deutlich gegen die Verdichtung der Wiehre öffentlich positionierte.
Nachverdichtungen wie in den Hinterhöfen der Erwinstraße, die Bebauung des Areals Kapellengarten in der Kirchstraße, im
Innenbereich zwischen Tal- und Schillerstraße, in der Silberbachstraße usw. führten diese Aussagen von Herrn Schröder-Klings allerdings ad absurdum.
Und wieder rumort es in der Wiehre, Stichworte sind: Verkauf der VAG-Häuser in der Lorettostraße, Pfarrhaus Christuskirche in der Maienstr. 2, Verkauf Maria-Hilf-Areal, Änderungen beim Rosshaldeweg, Neugestaltung des Bereichs um Mercystraße 2, oder Matthias-Grünewald-Straße oder Wonnhalde-Schrebergärten; neuerdings nun auch Verkauf Areal Franziskaner-Kloster (s. unser Schreiben an Sie vom 14.11.2012 mit beigefügtem Luftbild).
Auch das Luftbild in der Badischen Zeitung vom 30.11.2012 zeigt deutlich, dass großräumigere Bebauungspläne unter
Berücksichtigung des Umfeldes für die Wiehre dringend notwendig sind, um weitere  Fehlentwicklungen im historisch gewachsenen Stadtteil zu vermeiden. Dies hat auch die SPD-Fraktion erkannt, die unsere Forderung seit einiger Zeit unterstützt.
Kleinteilige Bebauungspläne bzw. jetzt von Ihnen „Perspektivpläne“ genannt, die teilweise nur wenige Grundstücke umfassen, nehmen ersichtlich wenig Rücksicht auf die Gesamtbebauung, sondern sind kaum anders einzustufen als Bauvorhaben gem.
§ 34 Baugesetzbuch mit Abstimmung auf die Umgebung – oder wie stellen Sie sich dies nach den Angaben in der BZ sonst vor?
Wie Ihnen der Moderator der STELL-Arbeitsgruppe 7 Herr
Architekt Hannes Bark bereits am 1.12.2012 geschrieben hat,
haben sich mehrere Arbeitsgruppen beim STELL Wiehre eindeutig für großflächigere Bebauungspläne (z.B. für den Bereich der Günterstal- bis zur Reiterstraße) in der Wiehre eingesetzt.
In diesem Zusammenhang dürfen wir auch auf das interessante BZ-Interview vom 1.12.2012 mit Frank Mienhardt vom Konstanzer Baurechts- und Denkmalamt über
einen etwas anderen Umgang mit historischer Bausubstanz „Jedes Haus ist wie ein Individuum“ (www.badische-zeitung.de/freiburg/jedes-haus-ist-wie-ein-individuum) verweisen.
Wir hoffen nun, dass die von
Ihnen angedachten Perspektivpläne die Forderungen unserer Bürger in den STELL-Arbeitsgruppen, und
unseres Bürgervereines nach großräumigeren Wiehre-Bebauungsplänen als Ersatz für einen „Gesamtbebauungsplan Wiehre“ berücksichtigen.
Bei unserem diesjährigen Herbstgespräch im November 2012 mit allen Wiehre-Gemeinderäten wurde uns endlich breite Unterstützung aller Fraktionen signalisiert, damit den merkantilen Interessen der großen Bauträger und Immobilienvermarkter, die die Grundstücke in der historisch gewachsenen Wiehre – oft brutal mit Rodung der Grünbereiche – bebauen wollen (◊ wie wir dies derzeit an der Johanneskirche hinter den Biedermeierhäusern auf der östlichen Günterstalstraße bewundern können) Einhalt geboten werden kann.
Nach ersten Gesprächen mit dem neuen Stadtplaner gehen wir auch davon aus, dass Herr Roland Jerusalem mit seinen Erfahrungen als Stadtplaner und seinen Vorstellungen zu einer qualitativ höherwertigen Bebauung (z.B. über mit einem Gestaltungsbeirat) Ihre Vorstellungen bzgl. einer sensibleren Bebauung unserer „noch liebens- und lebenswerten“ Wiehre unterstützen wird.
Gerne stehen wir Ihnen zu weiterführenden Gesprächen bzgl. Konkretisierung Ihrer Vorstellungen zu den von Ihnen erwähnten Perspektivplänen zur Verfügung und verbleiben
mit freundlichen Grüßen
Bürgerverein Mittel- und Unterwiehre e.V.
Reinwald
1. Vorsitzender
Als Bürger verlassen wir uns darauf, dass Politik in Freiburg transparent und für alle nachvollziehbar gestaltet wird. Das, was wir heute in der Wiehre haben, ist das Ergebnis früherer nachhaltiger Politik. Wir wollen nicht in den nächsten Jahrzehnten immer wieder um den Charakter oder die Erhaltung unseres Stadtteils kämpfen – um einzelne Häuser, Grundstücke, Grünflächen, Gärten und um Projekte von Bauträgern. Wir fordern eine verlässliche Politik. Dazu gehören Bebauungspläne, aus denen erkennbar wird, was die Stadt vorhat, und die wir mitgestalten können.
Wir wollen unseren Lesern das  Antwortschreiben von Baubürgermeister Prof. Dr. Haag vom 21.12.12 nicht vorenthalten.
„Sehr geehrter Herr Reinwald,
besten Dank für Ihr o.g. Schreiben, in dem Sie sich auf meine Aussagen in einem BZ-Artikel vom 30.11.12 beziehen.
Wie Sie richtigerweise festhalten, hat der beabsichtigte Perspektivplan keine direkte rechtliche Wirkung. Allerdings ist er als städtebauliche Planung gem. § 1 Abs. 6 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen, d.h. als öffentlicher Belang in die Abwägung einzustellen. Dadurch kann eine solche Planung durchaus eine gewichtige Lenkungswirkung entfalten, in dem sie städtebauliche Rahmenbedingungen, insbesondere hinsichtlich der zu wahrenden Freiraumqualitäten, für die weitere Innenentwicklung formuliert.
Eine solche Rahmenplanung liegt von der Maßstabsebene her zwischen dem Flächennutzungsplan und den Bebauungsplänen. Der Perspektivplan stellt daher sowohl für die Fortschreibung des gesamtstädtischen Flächennutzungsplans als auch für die Aufstellung bzw. Änderung von Bebauungsplänen für einzelne Quartiere eine wichtige Vorarbeit.
Zu Ihrem Wunsch, einen einfachen Bebauungsplan für den gesamten Stadtteil Wiehre aufzustellen, der nur ein geringes Maß an Festsetzung enthält, kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Dass die sogenannten einfachen B-Pläne auch inhaltlich, zeitlich etc. ,,einfach“ zu bearbeiten sind, ist ein Trugschluss. ,,Einfach“ bezieht sich lediglich auf den Regelungsinhalt solcher B-Pläne. Ein Beispiel für einen einfachen Bebauungsplan ist der Plan-Nr. 4-72, Lugostraße (Holbeinviertel), der im Wesentlichen nur Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur Gestaltung trifft. Dennoch erfordern diese Pläne, da sie bereits vorhandene Baurechte beschränken oder im Einzelfall sogar entziehen sollen, eine hohe Sorgfalt in der Abwägung der öffentlichen Belange
gegenüber dem Privatinteresse der Nutzbarkeit des Eigentums. Dafür ist u.a. eine eingehende Bestandsaufnahme erforderlich. Gutachten, etwa zu den Umweltbelangen, sind darüber hinaus auch bei einfachen Bebauungsplänen erforderlich. Eine rechtssichere Abwägung zwischen den öffentlichen und privaten Belangen für einen gesamten Stadtteil halte ich nicht für möglich.
Eine Steuerung der Innenentwicklung über Bebauungspläne wird daher weiter nur für konkrete Quartiere bzw. Stadtbereiche zielführend sein. Dafür sehe ich aber die Notwendigkeit einer rahmengebenden städtebaulichen Konzeption auf gesamt-städtischer Ebene. Aktuell stellen wir in der Wiehre für das Maria-Hilf-Areal sowie für den Bereich Mercystraße / Lorettostraße Bebauungspläne auf, um die Innenentwicklung in diesen Bereich städtebaulich zu begleiten und stadtbildverträglich zu gestalten. Die weitere Entwicklung des Grundstücks Günterstalstraße 59 (Franziskanerkloster) verfolgen wir aufmerksam und werden,
soweit es zur Sicherung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, auch hier einen Bebauungsplan aufstellen.
Zuletzt möchte ich Ihnen noch einmal ausdrücklich versichern, dass dadurch die Anerkennung für Ihre Arbeit im Rahmen des STELL‘s Wiehre in keiner Weise geschmälert wird. Ihre darin formulierten Leitlinien für die künftige Stadtteilentwicklung werden auch für den Perspektivplan wichtige Erkenntnisse liefern und darin einfließen.
Auch der Perspektivplan wird unter Beteiligung der Bürgerschaft erstellt werden. Daher bin ich sehr dankbar für Ihr Angebot, auch hier konstruktiv mitzuwirken.“
Mit freundlichen Grüßen
gez. Prof. Dr. Martin Haag, Bürgermeister