zum Artikel Johanneskirche:
„Von Nothelfern und Einhörnern“
Im Heft Nr. 64, März/April 2020, fand ich auf S. 9 den Bericht von Klaus Füsslin über eine Führung durch die Johanneskirche durch Pfarrer Schweiger. Ich selbst habe vor Jahren eine solche Führung durch Konrad Kunze mitgemacht, und danach trieb mich die „schiefe“ Stellung der Turmkreuze noch lange um. Ich beschloss, der Sache nachzugehen, ging dabei aber ziemlich amateurhaft vor und trieb nicht allzu viel Aufwand.
An einem sonnigen Tag suchte ich mir auf der Nordseite der Kaiserbrücke einen Standpunkt, von dem aus die mit dem Fernglas betrachteten Ostflächen der Kreuze genau verschwanden, also 90° von der Blickrichtung der Kreuze. Von diesem Punkt und von der Position der Kreuze schlug ich im Computer-
programm „Google Earth“ die geographischen Koordinaten nach. Nach den Regeln der sphärischen Trigonometrie bestimmte ich dann die „Blickrichtung“ der Turmkreuze. Die Berechnung ergab etwa 22,5° Abweichung von der Ostrichtung nach Süden, also genau die Richtung OSO (Ost-Süd-Ost).
Der Strahl der Blickrichtung geht mitten über den Titisee, aber die vermuteten Blick-Ziele von religiöser Bedeutung, die Klöster Reichenau, St. Gallen und Einsiedeln, weichen zu stark von der Blickrichtung ab. Nachdem ich auch größere Distanzen in Betracht zog, landete ich einen Volltreffer: Jerusalem.
Einerseits ist meine primitive „Vermessung“ mit ca. 2 Grad Fehler behaftet, und andererseits habe auch ich nicht die geringste Ahnung, was sich die Architekten anno 1897 tatsächlich vorgenommen hatten. Da ich die Blickrichtung OSO als Grund für allzu banal halte, glaube ich persönlich, dass man damals Jerusalem im Visier hatte. Die Johanneskirche ist in Ost-West-Richtung ausgerichtet, aber ihre Turmkreuze blicken ins Heilige Land.
Manfred Bühner